Wednesday, June 4, 2014

Iran: Repressionen gegen Studierende und AkademikerInnen

Der neue Bericht von Amnesty International

2. Juni 2014 – Die iranische Regierung hat über die letzten drei Jahrzehnte hinweg eine schonungslose Repressionskampagne gegen Studierende und AkademikerInnen geführt, die wegen friedlicher Aktivitäten, ihrer Ansichten oder Überzeugungen regelmäßig schikaniert, inhaftiert oder von Studium und Lehre ausgeschlossen werden.

Der neue Bericht von Amnesty International „Silenced, Expelled, Imprisoned: Repression of Students and Academics in Iran“ dokumentiert Repressionen gegenüber studentischen AktivistInnen, Andersdenkenden, Frauen und religiösen Minderheiten im iranischen Hochschulwesen.

„Die Universitäten im Iran werden schon lange als Ausgangspunkt für abweichende Meinungen wahrgenommen. Die Behörden haben durchgehend eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Andersdenkenden verfolgt. Studierende und ProfessorInnen, die auf friedfertige Art und Weise ihre Meinung kundtun oder OppositionspolitikerInnen unterstützen, werden unverzüglich vom Studium ausgeschlossen oder entlassen, eingesperrt und gefoltert,“ erklärt Hassiba Hadj Sahraoui, stellvertretende Direktorin der Abteilung für den Mittleren Osten und Nordafrika bei Amnesty International.

Die iranischen Behörden halten die akademischen Institutionen im eisernen Griff. Der Staatssicherheitsdienst und der Geheimdienst können Disziplinarverfahren in den Universitäten überwachen. Das schonungslose Bestreben des Staates, den Würgegriff um akademische Freiheiten zu verengen, friedliche studentische AktivistInnen aus den Universitäten zu verbannen und Frauen und religiöse Minderheiten beiseite zu drängen, hat das Leben aus den akademischen Institutionen Irans gesogen. Für freie Meinungsäußerung oder auch nur gedankliche Freiheit ist kaum noch Raum.

‚Islamisierung‘ der Lehrpläne und Quoten gegen weibliche Studierende

Der neue Bericht von Amnesty International dokumentiert die vermehrte Anwendung repressiver Taktiken insbesondere seit der Wahl Ahmadinedschads zum Präsidenten 2005. Dazu gehört die „Islamisierung“ des akademischen Kurrikulums, um es von „westlichen“ und säkularen Einflüssen zu säubern. Maßnahmen werden ergriffen, um die Zahl weiblicher Studierender an den Universitäten zu reduzieren. Im Bereich der Frauenstudien wurden Themen wie internationale Frauenrechte aus dem Lehrplan entfernt, um „islamische Werte“ zu betonen.

Mit der Präsidentschaft Ahmadinedschads kam der konstante Anstieg an Frauen, die sich an Universitäten einschrieben, zu einem abrupten Ende. 2002 machten Frauen noch mehr als die Hälfte der Studierenden an iranischen Universitäten aus. Unter Ahmadinedschad wurden Maßnahmen verabschiedet, um Frauen davon abzuhalten, sich in Studiengänge einzuschreiben, die als besser geeignet für Männer gelten wie beispielsweise Bergbautechnik. Zusätzlich wurde ein Quotensystem nach Geschlechtern eingeführt, um die Anzahl von Frauen in Universitäten zu begrenzen.

Kein umfassender Kurswechsel unter Rohani in Sicht

Trotz anfänglicher willkommener Schritte von Präsident Rohanis Regierung, die die Rückkehr einiger vom Campus verbannter Studierender und ProfessorInnen ermöglichten, bleibt die Situation düster. Hunderte Studierende sind weiter von universitärer Lehre ausgeschlossen, viele befinden sich im Gefängnis, darunter einige Studierende, die erst nach der Amtsübernahme von Rohani festgenommen wurden.

Die wachsende „Islamisierung“ der Universitätsbildung beinhaltet die strikte Durchsetzung geschlechtlicher Segregation und bestimmter Kleidungsvorschriften für Frauen und Mädchen auf dem Campus. Zusammen mit den von Ahmadinedschad eingeführten Quoten werden Frauen so von einem Eintritt in die Hochschulbildung abgeschreckt.

Während der Revolutionsführer in einer kürzlich gehaltenen Rede zur Förderung des Bevölkerungswachstums aufrief, machen staatliche Stellen und religiöse Führer die Bildung von Frauen für höhere Arbeitslosigkeit unter Männern, den Anstieg der Scheidungs- und das Absinken der Geburtenrate im Land verantwortlich.

Religiösen Minderheiten wird Zugang zu Universitäten erschwert oder gänzlich verwehrt

Einschränkungen im Zugang zu universitärer Bildung sind jedoch nicht auf Frauen begrenzt. Jedes Jahr werden Studierende der Religionsgemeinschaft der Baha‘i nach dem Bestehen der Aufnahmeexamen davon abgehalten, sich in Studiengänge einzuschreiben oder nachträglich von diesen ausgeschlossen. Baha‘is werden von staatlicher Seite mit großem Argwohn betrachtet und leiden unter Verfolgung und Inhaftierungen. Trotz eindeutiger Beweislage leugnen iranische Behörden weiterhin öffentlich, dass Personen aufgrund ihres Glaubens von Universitäten verwiesen und eingesperrt werden.

„Die iranischen Behörden müssen sicherstellen, dass das Recht auf Bildung für jeden gewährleistet ist. Präsident Rohani muss seine Versprechen erfüllen, allen IranerInnen, unabhängig von ethnischer und religiöser Zugehörigkeit, die gleichen Chancen zu gewähren“, fordert Hassiba Hadj Sahraoui. „In der Realität kann man im Iran der Universität verwiesen werden, weil man einer Minderheit angehört oder Ansichten vertritt, die denen des Staates widersprechen“.

Gemäß internationalem Recht darf niemand aufgrund seines Geschlechts, seiner sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität, ethnischen Zugehörigkeit, Nationalität, religiöser oder anderer Weltanschauungen daran gehindert werden, seine Bildung abzuschließen.

„Für die iranische Regierung unter Präsident Hassan Rohani ist es ein entscheidender Test, ob sie es schafft, den Zugriff der Sicherheitsbehörden auf akademische Institutionen zu entschärfen. Universitäten müssen die Freiheiten erhalten, sich als Zentren unabhängigen Denkens und freier Meinungsäußerung zu etablieren“, sagt Hassiba Hadj Sahraoui.


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