Monday, September 30, 2013

Iran: Zorn auf Knopfdruck

Wie berichtet, wurde der iranische Präsident Hassan Rouhani nach seiner Rückkehr aus New York von einer Schar zorniger Männer empfangen, die einen Schuh und angeblich auch Steine nach ihm warfen, sein Auto attackierten und ihn dafür kritisierten, dass er mit dem US-Präsidenten Obama – dem „Großen Teufel“ – telefonisch gesprochen habe.

Reyhane Tabataba‘i von der iranischen Tageszeitung „Bahar“ hat unter dem Titel „Chodsarha dar chiyaban“ (Die Eigenmächtigen auf der Straße) am 29. September 2013 eine interessante Analyse dieser Ereignisse veröffentlicht, die für sie möglicherweise sehr unangenehm enden kann. Sie macht darauf aufmerksam, dass es solche Übergriffe von „Eigenmächtigen“ schon zu Chatamis Zeiten gab, dass dieses Jahr vor den Wahlen ebenfalls eine Gruppe von „Eigenmächtigen“ den Parlamentspräsidenten Laridschani in der Stadt Qom angegriffen und mit einem Gebetsstein verletzt hatte. Damals hatte das iranische Parlament zwar eine Untersuchung eingeleitet, aber sei im Sande verlaufen. Kein Wunder – denn was Reyhane Tabataba‘i nicht schreibt – ist, dass unter den Angreifern in Qom einige Pasdar-Generäle in Zivil waren. Aus diesem Grund weigerte sich das Parlament auch, die Täter namentlich zu erwähnen.

Aber trotz aller Vorsicht, Reyhane hat zumindest diesen Vorfall angesprochen. Und jetzt kommt der wesentliche Punkt. Sie weist darauf hin, dass diese „Eigenmächtigen“ unter Präsident Ahmadineschad nicht zu sehen waren, obwohl Ahmadineschad fünfmal darum gebeten hatte, bei seinem Besuch in New York vom US-Präsidenten empfangen zu werden und obwohl Ahmadineschad Obama persönlich zur Wiederwahl gratuliert hatte. Wo waren die Zornigen da? fragt Reyhane Tabataba‘i. Da machte es wohl nichts aus, dass der Präsident zum ‚Großen Teufel‘ Kontakt suchte.

Wo die Zornigen da waren, beantwortet Reyhane auch gleich. Sie bekamen Ämter und Pöstchen in wissenschaftlichen Kollegien, sie wurden als Lehrer (!) eingestellt und bekamen einen Studienplatz. Allein derzeit studieren 3000 iranische Studenten bzw. schreiben sogar ihre Dissertation, obwohl sie nicht am Ausleseverfahren teilgenommen haben. Das Ausleseverfahren im Iran ist hart, es nehmen 2 Millionen Studienwillige teil, auf 200.000 Studienplätze!

Ein Tabu rührt Reyhane Tabataba‘i freilich nicht an: Die Autorität des Religiösen Führers. Sie unterstellt, dass die „Eigenmächtigen“ den Willen des Religiösen Führers Ajatollah Chamene‘i ignorieren, weil dieser Präsident Rouhani schließlich mit den Vollmachten für Gespräche ausgestattet habe. Dabei übergeht sie, dass sich unter den Angreifern am Flughafen Mehrabad Mohammad-Sadeq Schahbasi befand, der Leiter des Wahlkampfstabs von Dschalili, des Lieblingskandidaten von Ajatollah Chamene‘i bei den letzten Wahlen.


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