Ali Motahari, Abgeordneter des iranischen Parlaments, erklärte auf einer öffentlichen Veranstaltung in Teheran, dass die Prinzipialisten einen Fehler begangen hätten, indem sie Ahmadinejad unterstützt hätten. Ahmadinejad habe die Gesetze gebrochen und willkürlich eigenmächtige Maßnahmen ergriffen. Wenn das Parlament sich richtig verhalten hätte, hätte Ahmadinejad nicht auch nur eine Stunde Präsident bleiben dürfen. Die Prinzipialisten hätten immer gesagt, dass sie Ahmadinejad unterstützten müssten, weil der Religiöse Führer ihn unterstützt habe. Aber allein das Iranische Volk dürfe entscheiden, wer Staatspräsident ist, so Motahari.
Ali Motahari auf einer Vortragsveranstaltung in Teheran
Auf eine Frage aus dem Publikum, ob sich die Revolutionswächter bei den Staatspräsidentenwahlen und den Parlamentswahlen eingemischt hätten, antwortete er: Ja, das sei so gewesen und es wäre falsch gewesen. Die Pasdaran dürften keinen derartigen Einfluss nehmen, sie hätten andere Aufgaben. Danach meinte Motahari noch, diese Organisation dürfe auch nicht als ein großes Wirtschaftskartell funktionieren.
Eine weitere Frage bezog sich auf den Hausarrest der Politiker Mussawi und seiner Frau sowie Karrubi. Seine Antwort: Menschen ohne Gerichtsurteil unter Hausarrest zu halten, sei falsch. Auch Ayatollah Montazeri sei lange Zeit unter Hausarrest gehalten worden, auch da sei er immer dagegen gewesen.
Zur Frage der Meinungsfreiheit und Pressefreiheit wusste er zu sagen, dass in den 34 Jahren seit der Iranischen Revolution nur unter dem Staatspräsidenten Chatami ein wenig davon existiert habe, ansonsten könne davon keine Rede sein. Dass es in Kriegszeiten (gemeint ist die Zeit des iranische-irakisches Krieges) keine derartigen Freiheiten gebe, sei allerdings normal.
Einer fragte, ob sein ermordeter Vater, Ayatollah Motahari, heute auf der Seite der Prinzipialisten oder des Volkes stünde. Der Sohn meinte, dass sein Vater heute zu den Konterrevolutionären gerechnet würde. Sein Vater habe großen Respekt vor der Freiheit der Medien gehabt. Er wäre zu Lebzeiten nicht nur davon ausgegangen, dass in einer Gesellschaft viele Parteien existieren müssten, sondern darüber hinaus selbst marxistische Parteien ein Existenzrecht in der iranischen Gesellschaft haben müssten.
Anmerkung:
Ali Motahari erinnert ein wenig an den Dieb, der sich einer Festnahme durch den bestohlenen Ladenbesitzer entzieht und im Davonrennen ruft: „Haltet den Dieb, haltet den Dieb!“ Die Umstehenden, die vielleicht die Vorgeschichte nicht gesehen haben, können – so die Hoffnung des Diebes – getäuscht werden.
Tatsache ist, dass Ali Motahari selbst zum Flügel der Prinzipialisten gehört. Von ihm sind viele Situationen bekannt, in denen er sich selbst als Konservativer und Hardliner hervorgetan hat. Während der 34 Jahre seit der Iranischen Revolution hat er nie sein Wort gegen die Massenhinrichtungen oder Folterungen an Oppositionellen erhoben. Noch finden regelmäßig Hinrichtungen von ethnischen oder religiöse Minderheiten und Oppositionellen statt, ohne ordentliches Gerichtsverfahren und ohne dass auch nur das kleinste Wörtchen von Motahari zu vernehmen ist.
Auch bezüglich seines Vaters betreibt er Geschichtsklitterung. Ayatollah Motahari war damals Unterstützer von Chomein‘i, der ein paar Monate nach der Revolution von einer Ultraradikalen Islamsistengruppe (Forghan) ermordet wurde. Der Verfasser hat selbst gehört, wie Ayatollah Motahari zu Schahzeiten auf einer Veranstaltung an der Universität Teheran verkündet hat, dass in dem islamischen Modell dass er anstrebt, alle Ungläubigen vernichtet werden müssten.
Warum aber kritisiert er indirekt den Religionsführer Chamene‘i? Er sucht schlicht einen Ausweg aus der momentanen Sackgasse, in der er und die Prinzipialisten sich befinden. Er versucht seine Haut zu retten, indem er sich von den Prinzipialisten absetzt. Womöglich möchte er sich auch als Präsidentschaftskandidat bei den nächsten Wahlen ins Spiel bringen und startet hier einen Versuchsballon, um festzustellen, wie weit er gehen kann.
Viel zu befürchten hat er indes nicht: Judikative und Legislative sind fest in der Hand der Familie Larijani. Die Schwester von Ali Motahari ist die Frau von Ali Larijani, dem Vorsitzenden des iranischen Parlaments. Weil Chamene‘i zur Zeit schwach ist, ist er auf beide Säulen angewiesen.
Wer noch mehr erfahren möchte über den derzeitigen Machtkampf an der Spitze des iranischen Staates, dem sei noch fogendes Interview mit Ali Schirasi empfohlen:
„Dieser Vulkan wird ausbrechen“ Jungle World Nr. 8, 21. Februar 2013
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