Monday, August 26, 2013

Iran: Von der Macht der Pasdaran – oder wer hängt der Katze die Schelle um?



Der „Stützpunkt des letzten der Propheten“ am Werk


Die iranischen Revolutionswächter, die Pasdaran, sind zu einer Wirtschaftsmacht aufgestiegen, die weite Teile der iranischen Volkswirtschaft in ihrer Gewalt hat. Ihre Allgegenwart – in den Banken, im Erdöl- und Energiesektor, im Außenhandel – war sicherlich ein wesentlicher Grund dafür, dass die westlichen Staaten eine Reihe von Wirtschaftssanktionen gegen den Iran verhängt hat. Damit sollten speziell diejenigen getroffen werden, die im Iran politisch, wirtschaftlich und militärisch das Sagen haben. Eine andere Frage ist, ob die Sanktionen diejenigen am meisten treffen, denen sie gelten. Die Rechnung der hohen Arbeitslosigkeit und der weltweit dritthöchsten Inflation zahlen jedenfalls alle.

Aber bevor wir uns mit der Frage befassen, was man denn sinnvollerweise tun könnte, um die Lage der gewöhnlichen Bevölkerung zu bessern, lohnt es sich, einen Blick auf das Imperium zu werfen, über das die iranischen Revolutionswächter herrschen.



Der Stützpunkt „Qarargahe Chatamu l-Anbiya“


Qarargah ist das persische Wort für Stützpunkt. Das Wort entstammt der militärischen Sprache, und aus diesem Sektor kommen die Revolutionswächter ursprünglich. Austauschbar sind dagegen die religiösen Begriffe, mit denen das Wort Qarargah (Stützpunkt) kombiniert wird. „Chatamu l-Anbiya“ heißt soviel wie „das Ende der Propheten, der Abschluss der Propheten“, es bezieht sich auf Muhammad, der nach islamischer Auffassung der letzte Prophet aus einer langen Reihe ist. Der „Stützpunkt des letzten Propheten“ hat allerdings mit göttlicher Prophezeiung nichts zu tun, er befasst sich mit sehr weltlichen Dingen, wie ja auch die Katholische Kirche zu ihren Hochzeiten alle Wirtschaftsgüter mit Hilfe der Inquisition einzog und so die Wirtschaft Italiens und Andalusiens ruinierte.

Der „Stützpunkt des letzten Propheten“ ist im Iran ein Großunternehmer, der Hunderte, nach einigen sogar Tausende von Wirtschaftsprojekten durchgeführt hat. Schwerpunkt sind Erdöl, Gas und Petrochemie – darunter Erdölspeicher, Montagearbeiten, Pipelines, Förderplattformen, Ingenieursdienstleistungen, Bergbau und Metallindustrie, Infrastrukturprojekte – Staudammbau, Bau von Anlegestellen, Straßen- und Tunnelbau, Wasserversorgung, Bewässerungsanlagen. Diese Projekte hat der „Stützpunkt des letzten Propheten“ im staatlichen Auftrag übernommen, ohne dass diese ausgeschrieben worden wären. Die Pasdaran waren mächtig genug, die Regierung des damaligen Präsidenten Chatami einzuschüchtern, um den Bau des Imam-Chomeini-Flughafens bei Teheran aus den Händen türkischer Unternehmen zu entreißen, mit denen Chatami einen Vertrag geschlossen hatte. Auch die Übernahme der Fernmeldegesellschaft „Scherkate Mochaberat“, die mehrheitlich privaten Aktionären gehörte, funktionierte nach diesem Prinzip. Kein Unternehmer, ob staatlich, ob privat, traute sich, sich den Wünschen der Pasdaran zu widersetzen.


Die Pasdaran haben ein etabliertes Vorgehen, sich florierende Privatunternehmen anzueignen. Erst schicken sie Kundschafter als Angestellte in das Unternehmen, sammeln Informationen und erpressen dann die Unternehmer, ihnen einen Anteil abzutreten, der immer weiter ausgebaut wird, bis der ursprüngliche Eigentümer ihnen die Firma für „einen Appel und ein Ei“ verkauft.

„Rund 45.000 Personen sind direkt für diesem Aufbau-Stützpunkt tätig, davon sind 2000 Personen Pasdaran (Revolutionswächter), über 5000 sind Vertragsunternehmer, und weitere 150.000 Personen arbeiten mit uns zusammen“, so der Vize-Vorsitzende der Pasdaran für Rechtsfragen gegenüber der iranischen Nachrichtenagentur ISNA am 2. Bahman 1391 (Anfang 2013).


Der Stützpunkt „Qarargahe Chatamu l-Oussiya“
Der „Stützpunkt des Endes der Bevollmächtigten (des Propheten)“, also des letzten Bevollmächtigten Mohammads (hier ist nach schiitischer Auffassung der Imam Ali gemeint), wurde auf Befehl des Religiösen Führers gebildet. Sein Vorsitzender ist der Verteidigungsminister – Hossein Dehqan, der neue Außenminister der Regierung Rouhani, ist nicht zufällig ein General der Pasdaran! Seine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass staatliche Aufträge in die Kassen der Revolutionswächter fließen. Der „Stützpunkt des letzten Bevollmächtigten“ ist im Erdölsektor, im Wohnungsbau, Bau elektrischer Zugverbindungen und im Flugzeugbau tätig, außerdem besitzt er zwei Banken. Dieser Stützpunkt zeichnet sich durch das Fehlen jeglicher Transparenz aus, er betreibt nicht einmal eine Webseite.


Die Stiftung „Bonyade Ta‘awone Sepah“

Die „Kooperativen-Stiftung der Revolutionswächter“ ist ein weiteres Großunternehmen, das im Investmentsektor, im Bankenwesen und auf dem Aktienmarkt aktiv ist. Sie besitzt die „Bank-e Ansar“ – Die Bank der Anhänger (des Propheten, als dieser aus Mekka floh) – und 51 Prozent der Aktien der Fernmeldegesellschaft „Scherkate Mochaberat“. Die Bank-e Ansar verfügt über ein Netz von 600 Filialen. Ein weiteres Kreditinstitut „Kouthar“ (th im Persischen wie s gesprochen) wird ebenfalls von dieser Pasdaran-Stiftung kontrolliert. Kouthar ist übrigens die koranische Bezeichnung für eine Quelle im Paradies, die Pasdaran haben wohl Wege gefunden, sie schon im irdischen Leben anzuzapfen.


Die Herren Schmuggelbrüder (Baradarane qatschaqtschi)

Wie schon der scheidende Präsident Ahmadineschad, der selbst aus den Reihen der Pasdar stammt, treffend bemerkte, sind die Pasdaran auch in einem weiteren Sektor stark präsent, dem Außenhandel, und zwar in der offiziellen wie in der Schattenwirtschaft. Sie betreiben Dutzende von Verladehäfen an der iranischen Küste im Persischen Golf, sie sind es auch, die den Transit der Drogen aus Afghanistan oder Pakistan durch den Iran sicherstellen.

„Auf alle Fälle ist der Transit von Drogen auf welche Art auch immer ein Verrat an der Menschheit. Es steckt nichts Positives und nichts Gutes darin, dass ausgerechnet eine Institution diesen durchführt, und wer immer das auch tut und wer auch immer das zu tun gedenkt, er schadet dem Land damit und wir haben nichts Gutes und keinen Segen und Gewinn daraus.“ Diese Worte stammen ausgerechnet vom neuen Justizminister und damaligen Vorsitzender der Kontrollbehörde des gesamten Landes (Sasemane Basressiye Kolle Keschwar) Mostafa Purmohammadi, der sie gegenüber der Zeitung „Tedscharate Farda“ (Der Handel von Morgen) in der letzten Woche des iranischen Monats Dey im iranischen Jahr 1391 (Ende 2012) äußerte.


Der Stein des Anstoßes

Neben der Schmuggelaktivitäten sind die Pasdaran auch im Import von Autos und anderen Konsumgütern gut vertreten. Und genau dies ist auch der Ausgangspunkt des Konflikts zwischen Basar-Händlern, traditionellen islamischen Geistlichen und den Revolutionswächtern, der dazu führte, dass bei den letzten Präsidentschaftswahlen jede dieser Gruppe einen eigenen Kandidaten ins Rennen schickte: Die Basar-Händler standen hinter Ali-Akbar Welajati, die Revolutionswächter hinter Bagher Qalibaf, die radikale Geistlichkeit mit Ajatollah Mesbah Jasdi und mit Ajatollah Chamene‘i hinter Dschalili, und die traditionelle Geistlichkeit mit Ajatollah Rafsandschani hinter Hassan Rouhani. Nur Dank dieser Spaltung konnte Rouhani sich überhaupt im ersten Wahlgang durchsetzen.

Aber wie kann sich die Regierung Rouhani gegen die Wirtschftsmacht der Pasdaran durchsetzen?


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