Monday, August 5, 2013

Irans Kabinett – eine Heimsuchung



Das vorgeschlagene Kabinett von Hassan Rouhani


Am Sonntag, den 04. August 2013, hat der neu gewählte iranische Präsident Hassan Rouhani dem iranischen Parlament eine Liste mit 18 Namen vorgeschlagen, die er für sein Ministerkabinett auserkoren hat. Während Menschen in anderen Ländern offensichtlich in Horrorfilmen Zuflucht suchen, um der Langweile des Alltags zu entgehen, bleibt es den iranischen Wählerinnen und Wählern nicht erspart, den nun schon 34 Jahre dauernden Alptraum einer „Islamischen Republik“ weiterzuträumen, nein, weiterzuleben. Aus diesem Alptraum gibt es kein Erwachen.


Die Liste der Vorgeschlagenen

Bischan Sangane – Erdölminister

Abdolresa Rahmani Fasli – Inneniminister

Ali Tayeb-Niyas – Wirtschaftsminister

Seyyed Mahmud Alawi – Geheimdienstminister

Hamid Tschit-Tschian – Energieminister

Hassan Dehqan – Verteidigungsminister

Mohammad-Resa Ne‘matsade – Minister für Industrie, Bergbau und Handel

Mahmud Hodschati – Landwirtschaftsministerium

Ali Rabi‘i – Minister für Arbeit, Kooperativen und Wohlstand

Abbas Achundi – Minister für Straßen- und Städtebau

Mohammad-Ali Nadschafi – Minister für Bildung und Lehre

Seyyed Qasisade Haschemi – Minister für Gesundheitswesen

Mas‘ud Soltanifar – Minister für Sport und Jugend

Mahmud-Dschawad Sarif – Außenminister

Hodschatoleslam Purmohammadi – Justizminister

Ali Dschannati – Minister für religiöse Aufklärung

Mahmud Wa‘esi – Minister für Kommunikationswesen

Dscha‘far Meyli Monfarad – Wissenschaftsminister


Quelle: Peyk-e Iran 5.08.2013


http://www.peykeiran.com/Content.aspx?ID=65057


Justizminister Mostafa Purmohammadi

Mostafa Purmohammadi, einer der obersten Ausführenden des Gefängnismassakers von 1988, der Massenmörder von Bandar-Abbas und ehemaliger Innenminister unter Ahmadineschad, ist zum neuen Justizminister vorgesehen. Zu seiner Vorgeschichte findet sich einiges unter folgendem Link: http://www.alischirasi.de/as050926b.htm


Ali Dschannati, der Mann für Kultur und religiöse Aufklärung

Auch der vorgeschlagene neue Minister für Kultur und religiöse Aufklärung, Ali Dschannati, ist ein Mann, der unter allen Herren treu gedient hat, sein Vater Ajatollah Ahmad Dschannati, ist der Vorsitzende des mächtigen Wächterrats. „Religiöse Aufklärung“ bedeutet im Iran vor allem die Bespitzelung der Bevölkerung in Schule, Universität und Arbeitsplatz und im Ausland die Bespitzelung der Exil-Iraner.


Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli

Abdolresa Rahmani Fasli steht ideologisch auf der Seite der Prinzipialisten. Er war von 2005-2007 stellvertretender Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrats des Irans, er war stellvertretender Leiter der staatlichen Radio- und Fernsehanstalt „Sima wa Seda“, seit 2008 war er Vorsitzender des Obersten Rechnungshofs. Seine Aufstellung als Minister ist wohl eine Gegenleistung an Parlamentspräsident Ali Laridschani, der dafür die Zustimmung des von „Prinzipialisten“ beherrschten Parlaments zur Ministerliste Rouhanis in Aussicht stellte. Es ist klar, dass Abdolresa Rahmani Fasli in seiner Funktion als Vorsitzender des Obersten Rechnungshofs viele Einzelheiten zu den korrupten Machenschaften der iranischen Parlamentarier kennt. Mit seiner Wahl wollen diese Abgeordneten wohl sicherstellen, dass ihnen die Justiz auch unter Präsident Rouhani nicht an den Kragen geht. Rouhani hatte sowieso schon angekündigt, dass er nicht die „Konfrontation“ mit dem Parlament suche.


Rouhani, Mann des Ausgleichs?

Im Wahlkampf hat Rouhani sich gern als „überparteilich“ präsentiert und sich für Ausgleich ausgesprochen. Es zeigt sich, dass er vor allem die Gespenster der Vergangenheit unter einen Hut bringen konnte. Die Leute in seinem Kabinett stehen dem früheren Innenminister und Parlamentspräsidenten Nateq Nuri nahe, dem Parlamentspräsidenten Ali Laridschani, dessen Korruptheit Mahmud Ahmadineschad, der scheidende Präsident, noch in seiner letzten Amtszeit vor dem Parlament und der iranischen Öffentlichkeit bekannt gemacht hat, dem Religiösen Führer Ajatollah Chamene‘i, dem alten Fuchs Ajatollah Rafsandschani, der in diesem Kabinett wieder Fuß gefasst hat, und natürlich ihm selbst, der ja auch ein alter Apparatschik der Islamischen Republik ist.


Reformisten haben die Niete gezogen

Was in seinem Kabinett völlig fehlt, sind die Reformisten, die im Wahlkampf noch eifrig die Trommel für Rouhani gerührt haben. Rouhani hat mit seinen Äußerungen auch gezielt die Anhänger der Reformisten angesprochen, aber Lügen sind auch im iranischen Wahlkampf billig. Und der liebe Gott ist weit, ja man hat fast den Eindruck, als wären die iranischen Geistlichen – wie Hodschatoleslam Rouhani, Ajatollah Rafsandschani oder Ajatollah Chamene‘i – überzeugte Atheisten, ein Jüngstes Gericht scheinen die jedenfalls nicht zu fürchten.


Rouhani – ein Mann ohne Charakter

Bezeichnend ist auch, dass Rouhani es nicht einmal fertig gebracht hat, Mohammad-Resa Aref auch nur ein Ministeramt vorzuschlagen. Hätte Aref nicht kurz vor den Wahlen seine Kandidatur zurückgezogen, so dass seine Stimmen unter Reformanhängern auf Rouhani übergingen, wäre Rouhani in der ersten Runde wohl kaum gewählt worden. Auch dass Rouhani keine Frau als Ministerin oder Vize-Ministerin vorsieht, zeigt, dass er die Hälfte der Wählerschaft ignoriert. Als Stimmvieh willkommen, aber bitte keine Mitbestimmung.


Dem Volk den Rücken gekehrt

Klar ist, dass Rouhani mit seiner klaren Verweigerung einer Einbeziehung von Reformisten oder Reformgesinnten die Hoffnungen seiner Wählerinnen und Wähler enttäuscht hat. Aber er hat sich damit auch gleichzeitig seine eigene Zukunft verbaut. Er hat vor dem Religiösen Führer kapituliert, ohne auch nur einmal den Aufstand zu wagen. Jetzt ist er seine Geisel. Er muss tun, was Ajatollah Chamene‘i von ihm verlangt. Verweigerung unmöglich, denn wo ist Rouhanis Hausmacht? Er hat dem Volk den Rücken zugekehrt, das Volk wird es ihm mit gleicher Münze heimzahlen. So ist Rouhani schon jetzt eine „lahme Ente“, wie man in den USA sagt, obwohl er sein Amt gerade erst angetreten hat.

Aber mindestens so, wie Rouhani, wird auch Ajatollah Rafsandschani die Rechnung für den Betrug an den Wählern bezahlen. Denn dass Rafsandschanis Leute wieder im neuen Kabinett Fuß fassen, ohne dass irgend einer der Kritikpunkte des gewieften Politikers erfüllt worden wäre, weist auch ihn als gewissenlosen Machtpolitiker aus. Da werden auch neue politische Prozesse gegen seine Tochter nicht mehr zur Mehrung seines Ansehens beitragen.


Fachleute in die Wirtschaft

Auf den ersten Blick positiv erscheint die Ernennung von Fachleuten für die Wirtschaft, zum Beispiel der Erdölminister und der Wirtschaftsminister. Aber solange die Pasdaran ihre führende Rolle in den Wirtschaftsunternehmen behalten und das Schwergewicht auf Import statt Produktion liegt, wird selbst eine Aufhebung der Sanktionen nicht zu neuen Arbeitsplätzen für die Iraner führen.

Faktum ist, dass sich Wirtschaftskreise in Europa für den neuen Präsidenten Rouhani stark machen.

So bezeichnete die Frankfurter Allgemeine Zeitung Rouhani bei seinem Wahlsieg im Juni als Reformer, am 04.08.2013 veröffentlichte sie seinen Grinsekopf – für den westlichen Gebrauch – mit der Überschrift „Iran Rohani kündigt Regierung der Hoffnung an“


http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/iran-rohani-kuendigt-regierung-der-hoffnung-an-12369158.html




Der Grinsekopf fürs Ausland


Zuckerbrot fürs Ausland, Peitsche fürs eigene Volk

Natürlich geht es der Frankfurter Allgemeinen nicht darum, dass es den Iranerinnen und Iranern besser geht, sondern der deutschen Exportwirtschaft, also ihren Inserenten. Da gaukelt man gerne einen Reformer vor und lässt die Leichen unter den Tisch fallen.

Mit dem vorgeschlagenen Kabinett ist eins klar: Gewerkschaften, Menschenrechtsgruppen, Angehörige religiöser Minderheiten und verfolgter Volksgruppen werden weiter verfolgt, die politischen Gefangenen bleiben weiter in Haft, der Hausarrest gegen reformistische Politiker wird nicht aufgehoben, Folter bleibt weiter an der Tagesordnung und die Folterer werden weiterhin nur mit symbolischen Strafen belangt wie jüngst Sa‘id Mortasawi, der auch den Foltertod der iranisch-kanadischen Journalistin Sahra Kasemi auf dem Gewissen hat – kein Grund zur Anklage übrigens für die iranische Justiz.




und Purmohammadis Terror für den Hausgebrauch


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