So bezeichnet Mohammad Nurisade die Wahl von Hassan Rouhani zum neuen Präsidenten, die ein fast totes System weitere vier Jahre am Leben halten soll.
Mohammad Nurisade war ein eingefleischter Anhänger der Islamischen Republik Iran, er war als Pasdar (Revolutionswächter) Teil des staatlichen Systems. Nach der Wahlfälschung und Unterdrückung von 2009 entwickelte er sich zum Kritiker, wurde inhaftiert und dann als „verrückt“ wieder freigelassen. Er veröffentlicht seitdem immer wieder kritische Kommentare über die Entwicklung im Lande, oft in der Form eines offenen Briefs an Ajatollah Chamene‘i. Was meint er zum Wahlsieg von Hassan Rouhani?
Die Last der Atombombe
Wie Nurisade sagt, tritt Hassan Rouhani ein schweres Erbe an. Er muss versuchen, die Beziehungen zum Westen wieder ins Lot zu bringen, und dazu ist es erforderlich, diesen davon zu überzeugen, dass der Iran keine Atombombe bauen will. Dies wird ihm schwerfallen. Denn am Atomprogramm sind einige Akteure beteiligt, und es hat auch viel Geld gekostet, die Technologie für den Bau ins Land zu holen. Das will man nicht einfach aufs Spiel setzen, indem man Kontrollen zulässt. Da müssten auch die Pasdaran einwilligen. Und immerhin würde eine Kontrolle auch ans Licht bringen, dass das, was der Iran als Technologie importiert hat, weit über dem liegt, was für ein Atomprogramm zum Betrieb von Atomkraftwerken erforderlich wäre. Nurisade ist skeptisch, dass Rouhani sich in dieser Sache gegenüber den Betreibern des Atomprogramms durchsetzen kann, will aber nicht ausschließen, dass der Druck von außen die Beteiligten schließlich zum Nachgeben zwingt.
Die Wirtschaftskatastrophe
Nurisade hat auch starke Zweifel, wie Rouhani die Wirtschaft wieder in Gang bringen will, etwas, worauf die arbeitslose Bevölkerung sehnlichst wartet. Acht Jahre Zerstörung können nicht in zwei Monaten wieder gut gemacht werden, wie Nurisade schreibt. Wer die Wirtschaft in Gang bringen wolle, müsse sich mit den Pasdaran und dem Amt des Religiösen Führers anlegen, und selbst wenn Gott auf den Plan träte, würde er das nicht schaffen. Auch hundert Chatamis und hundert Rafsandschanis könnten die Probleme nicht lösen, die dieses Wirtschaftssystem erzeuge.
Freiheit auf Raten?
Ein weiterer Punkt, der für die Bevölkerung wichtig sei, sei die Freilassung der früheren Präsidentschaftskandidaten Karubi und Mussawi und der ganzen politischen Gefangenen. Nach den Wahlen hätten die Leute gerufen: „Ihr habt uns die Stimme gestohlen, wieso gebt ihr sie uns nur auf Raten wieder?“
Die Erwartungen der Bevölkerung sind viel größer als das, was Rouhani und die Reformisten leisten will. Immerhin will Nurisade nicht ausschließen, dass es im Laufe der kommenden sechs Monate schrittweise zu Freilassungen kommt.
Schluss mit der Diktatur des Rechtsgelehrten
So formuliert Nurisade es nicht, aber er meint das gleiche. Er weist darauf hin, dass in privaten Gesprächen und in Internetdebatten überall die Frage gestellt wird, wieso ein einziger Mensch alles entscheiden soll. Das bezieht sich auf den Religiösen Führer und das Prinzip der Herrschaft des Rechtsgelehrten. Nurisade bemerkt zu Recht, dass Rouhani auch nicht im Ansatz die Herrschaft des Führers in Frage stellt. Der Grund ist einfach. Weder er noch die Reformisten wollen das System ändern – sie wollen teilhaben, sie wollen auf der Herrscherbank sitzen. Und so arrangieren sie sich. Die Forderungen des Volks lauten anders.
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